Eine Schilddrüsenunterfunktion macht sich nicht "nur" durch eine körperliche Veränderung bemerkbar.
Oft heißt es, erkrankte Hunde haben ein schlechtes Fell, sehen leicht verwahrlost aus. Haben müde, traurige Augen, sind schlecht zu motivieren und erscheinen irgendwie "alt und müde".
Doch manchmal sind es auch nur kleine Veränderungen im Verhalten wie plötzlicher Rückzug von ehemals sehr verschmusten Greyhounds. Es ist auch möglich, dass sich Ihr Greyhound plötzlich vor Situationen fürchtet, die er von Klein auf kennt. Sie stellen vielleicht fest, dass Ihr Greyhound plötzlich friert, obwohl es gar nicht kalt ist. Auch plötzlich auftretende Aggressionen gegenüber Menschen und anderen Hunden kann ein Hinweis sein, wenn Ihr Greyhound zuvor eher zur friedlicheren Fraktion gehörte.
Diese Symptome KÖNNEN von einer Schilddrüsenunterfunktion kommen, MÜSSEN es aber nicht.
Die Schilddrüsenunterfunktion gehört, wie es sich die letzten Jahre an vielen, teils hilflosen Hundehaltern zeigte, mitunter zu der am schwersten diagnostizierenden Erkankung.
Hier ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Ihrem Tierarzt und Ihnen als Hundehalter enorm wichtig.
Denn die Schilddrüse und ihre Werte sind sehr individuell und kein Fall gleicht wirklich dem Anderen. Selbst wenn Sie die Diagnose gestellt bekommen haben, ist es eine lebenslange Verantwortung was die Fütterung angeht, der regelmäßigen Wertefeststellung und die Anpassung der Dosierung.
Eine Überdosierung kann sich ähnlich äußern wie eine Unterdosierung und zum Rückfall führen.
Wetter, Jahreszeit, Sonne, Gewicht, Lebenssituation und Fütterung nehmen Einfluss auf die Wirkung des Medikaments und somit auch auf die Gesundheit wie auch das Verhalten Ihres Greyhounds.
Hilfreich ist hier, gerade am Anfang, ein Tagebuch zu führen. Hier sollten alle wichtigen Informationen erfasst werden.
- Wann und in welcher Dosis Sie das Medikament verabreichen.
- Vor oder noch dem Füttern (dies muss IMMER gleich sein, da es sonst Probleme mit der Wirksamkeit gibt und auch der Wertefeststellung).
- Wann wurde Blut genommen, zu welcher Uhrzeit?
- Nüchtern oder gefüttert? Denn hier möchte man Vergleiche ziehen und daher müssen die Einflussfaktoren identisch sein.
- Besondere Situationen die für Ihren Greyhound stressig waren.
- Verhaltensveränderungen oder Veränderung an körperlichen Symptomen (Besserung oder Verschlechterung).
- Hat sich das Wetter geändert? Frühjahr zu Sommer oder Herbst zu Winter? Hier ist oft eine Dosisanpassung notwendig.
- Gab es eine Futterumstellung? Wenn ja, wann und wie hat Ihr Greyhound darauf reagiert?
Diese Informationen helfen Ihnen gerade in der Anfangszeit
Dr. Rückert nimmt in seinem Blog viele Themen auf und so sind seine Texte sehr oft sehr ehrlich und sehr interessant. Hier drei Verlinkungen zu ihm:
zum Bericht von Dr. Rückert Erfahrungen aus der Praxis
zum Bericht von Dr. Rückert zur Subklinischen SDU
Zum Bericht von Dr. Rückert warum Telefonberatung zweifelhaft ist
Im Anschluss finden Sie zwei weitere sehr interessante Berichte über die Schilddrüsenunterfunktion.
Dr. Suzanne Stack
Anmerkung:
"Dr. Suzanne Stack geht in ihrem Bericht hauptsächlich auf die Beobachtungen von untersuchten Greyhounds ein"
Die paarigen Schilddrüsen liegen seitlich der Luftröhre im oberen Teil des Halses.
Bei der Stimulierung durch das von der Hypophyse gebildete Hormon TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon), werden von den Schilddrüsen Hormone produziert und freigesetzt (T3 & T4).
Schilddrüsenhormone sind in vielen Teilen des Körperstoffwechsels von Bedeutung.
Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) hat gewöhnlich Hauterkrankungen, Fortpflanzungsabnormalitäten, Lethargie und mentale Trägheit, Adipositas, langsame Herzfrequenz (normal bei unseren Greyhound-Wettkämpfern) und weniger oft muskuläre sowie nervale Funktionsstörungen zur Folge.
Hypothyreose ist eine der am meist falschdiagnostizierten Leiden in der Veterinärmedizin und der Sündenbock für Erkrankungen wie Lethargie und Hyperaktivität, Scheu und Aggression.
Während jede dieser Symptome möglich ist, ist Hypothyreose alles andere als die Antwort auf alles.
Alle Besitzer von übergewichtigen Hunden wollen es mit Schilddrüsenpillen „beheben“.
Auf die gleiche Weise beten Veterinäre für eine Hypothyreose-Diagnose, um jeden unzugänglichen, die Haut betreffenden Krankheitsfall zu erklären.
Die Schwierigkeit bei der Diagnose von Hypothyreose bei Greyhounds beruht auf zwei Gründen:
Es gibt inhärente Ungenauigkeiten bei der Messung von T4-Werten.
Normale T4-Spiegel bei Greyhounds liegen niedriger als die der allgemeinen Hundepopulation.
Die Diagnose einer Hypothyreose sollte auf der Übereinstimmung abnorm niedriger Schilddrüsen-Funktionstests zusammen mit einer klinischen Symptomatik, passend zur Hypothyreose, basieren.
„Niedrige“ T4-Werte ohne klinische Symptome sind wertlos, und so mancher Greyhound endet in einer unnötigen und lebenslangen Behandlung mit dem Schilddrüsenhormon.
Eine Studie von Bloomberg an der Universität von Florida maß T4-Werte bei 221 Greyhounds, die vorab sorgfältig auf andere Endokrinopathien (Erkrankungen der Hormondrüsen) untersucht worden waren.
Ihr Alter schwankte zwischen 11 Monaten und 10 Jahren.
Der T4-Meßbereich betrug 0.5 - 3.6, mit einem Durchschnitt von 1.47.
Von 221 Greyhounds hatten 48 T4-Werte unter 1.0.
Man sollte dabei vor Augen haben, dass die meisten kommerziellen Diagnoselabors diese normalen Greyhound-Mittelwerte als grenzwertig niedrig ansehen.
Die Analyse war: T4-Mittelwert (µmol/l ) bei :
97 Hunden in Training oder Rennen: 1.53
99 Zuchthündinnen: 1.56
25 Zuchtrüden: 0.94
221 Gesamt 1.47
Die niedrigeren T4-Werte bei Zuchtrüden wurden theoretisch damit erklärt, dass die T4-Konzentrationen bei Hunden höheren Alters abnehmen.
Diese Untersuchungsergebnisse stimmen mit einem Artikel in der Februar 2000-Ausgabe von „Veterinary Medicine“ (Verbreitete Hauterkrankungen bei Greyhounds) überein, der einen normalen T4-Messbereich von 0.7 -3.6 bei Greyhounds angibt.
Dem T3 als diagnostisches Mittel für eine Hypothyreose beim Hund wird wenig Beachtung geschenkt, aber beide Quellen zeigen höhere T3-Werte für Greyhounds als für andere Hunde an.
Obwohl die T4-Messung der Standard-Laborwert für die Hypothyreosediagnostik ist, können viele externe Faktoren T4 unterdrücken, wie z.B. Appetitlosigkeit, Übelkeit sowie eine Vielzahl von Medikamenten, wie Steroide, manche Antibiotika (Sulfonamide) und Medikamente gegen epileptische Anfälle (Antiepileptika).
Unter einem „Euthyroid–Sick–Syndrom “ versteht man einen Zustand, bei dem der Hund eine normale Schilddrüsenfunktion besitzt, eine Allgemeinerkrankung jedoch den T4-Wert senkt.
Diese Hunde benötigen kein Schilddrüsenhormon.
Es ist nicht bekannt, ob der extreme Stress durch Rennen, Reisen und beengte Hundepopulation ebenso einen Einfluss auf die Schilddrüsenfunktion haben könnte.
Falls eine gleichzeitige Erkrankung vorliegt, wird der T4 niedrig sein, ohne dass dies von Bedeutung ist (Euthyroid-Sick-Syndrom).
Daher ist der Idealzustand bei neuen Adoptivhunden, zuerst gesundheitliche Probleme zu beseitigen und den Greyhound erst dann zu testen, wenn er gesund und sechs Monate oder länger kein Rennen mehr gelaufen ist.
Obwohl sechs Monate nicht obligatorisch sind, bieten sie reichlich Zeit für schlechtes Fell und Fell an kahlen Oberschenkel nachwachsen kann und für „Gespenster“ ihre wahren Farben zu zeigen.
Falls nach einer angemessenen Zeitspanne und wieder hergestellter Gesundheit nach wie vor klinische Symptome und ein niedriger T4-Wert bestehen, wird eine Bestimmung des freien T4 (fT4) durch Equilibrium-Dialyse sowie eine Analyse des TSH-Wertes empfohlen.
fT4-Bestimmung durch Equilibrium-Dialyse ist im Grunde ein T4-Messwert, der weniger durch externe Faktoren beeinflusst wird.
TSH ist ein Kompromiss zum eigentlichen TSH-Stimulationstest, der als „Goldstandard“ der Schilddrüsentests angesehen wird, jedoch nicht verbreitet verfügbar ist.
Dies alles berücksichtigend ist es unumgänglich, die Blutprobe nicht zu heparinisieren.
Dies mag für manche nach einer Menge Tests und Geldverschwendung aussehen, aber es ist sehr simpel (Blutabnahme) und besser als einen Greyhound auf der Basis eines „niedrigen“ T4 unnötigerweise sein ganzes Leben lang mit Schilddrüsenhormon zu behandeln.
Eine grob vereinfachende Erklärung von TSH ist, dass falls ein Greyhound wirklich einen niedrigen T4-Spiegel hat, die Hypophyse antwortet, indem sie am laufenden Band TSH produziert - und eigentlich „Mehr T4 produzieren!“ schreit.
Da TSH auch kein perfekter Test ist, gibt die Kombination aus T4, fT4 sowie TSH eine wesentlich bessere Beurteilung als lediglich ein T4-Wert.
Falls der T4-Wert grenzwertig und TSH niedrig ist, ist es unwahrscheinlich, dass der Hund eine Hypothyreose hat.
Falls aber der T4-Wert grenzwertig ist und TSH hoch oder zumindest grenzwertig hoch, sollte man eine Behandlung mit einem Schilddrüsenhormon ausprobieren.
Letztlich ist oft der beste Test, 6 Wochen lang das Schilddrüsenhormon zu testen, falls die Ergebnisse der Blutproben nicht aussagekräftig sind.
Falls die Symptome verschwinden, hat man seine Antwort. Falls die Oberschenkel kahl bleiben, sollte man den Hund nicht für immer mit Schilddrüsenhormon behandeln.
Das Syndrom kahler Oberschenkel bei Greyhounds ist noch unklarer Ätiologie, einige reagieren auf Schilddrüsenhormon andere nicht.
Ist man sich nicht sicher, ob eine Besserung eingetreten ist, sollte man die Behandlung mit Schilddrüsenhormon nach 6 Wochen abbrechen und prüfen, ob sich der Zustand nun wieder verschlechtert.
Den letzten Morast, den man im Hinblick auf Hypothyreose durchschreiten muss, ist die Dosierung.
Fast alle Veterinäre stimmen darin überein, daß der Markenname Soloxine (Anm.d.Übers.: Soloxine ist ein Markenname für Levothyroxin in den USA) überlegen ist –und akzeptieren keine Ersatzmittel.
Dr. Jim Gannon, Autor des „Care of the Racing Greyhound“ und wahrscheinlich der sachkundigste Veterinär auf diesem Planeten empfiehlt 0.1 bis 0.2 mg pro Greyhound zweimal täglich.
Die Standarddosis pro Hund ist 0.1 mg/10 lb zweimal täglich. (Anm.d.Übers.: 1 lb= 0.45kg)
Der o.e. Artikel der „Veterinary Medicine“ korreliert mit dieser Dosierung.
Das neue 2000 Ettinger's Textbook of Veterinary Internal Medicine ("die Bibel") besagt, dass man, wenn klinische Symptome einmal beseitigt sind, oft auf einmal täglich herunter dosieren kann.
Ich komme auf halbem Wege entgegen und gebe Greyhounds die halbe Standarddosis eines Hundes (0.1 mg/20 lb) zweimal täglich.
Was keine gute Idee sein kann, ist, hohe Levothyroxin-Dosierungen zu verabreichen, in dem Versuch, diese Greyhound-T4-Werte hoch bis zu 3.0 und 4.0 zu treiben.
Greyhound T4-Werte sind normalerweise nicht so hoch, und ich bin in Sorge um die schädlichen Auswirkungen der Hypothyreose (Herz, Niere, Gastro-Intestinaltrakt), wenn dies getan wird.
Schilddrüsenunterfunktion und Verhalten
Anmerkung:
"Fr. Dr. Mahnke geht bei der Schilddrüsenunterfunktion hier hauptsächlich auf das Zusammenspiel von Verhaltensauffälligkeiten unter einer Schilddrüsenunterfunktion ein."
Verhalten wird von vielen Faktoren beeinflusst.
Welches Verhalten gezeigt wird, ist abhängig von dem Resultat der gemeinsamen Verarbeitung von physiologischem Zustand und Wahrnehmungen im Gehirn.
Hormone können das Verhalten beeinflussen, indem sie direkt auf das Gehirn oder auf andere Organsysteme wirken oder die Produktion anderer Hormone anregen oder drosseln. So sind sie z. B. unter der Wirkung von Cortisol vermindert, unter Insulin oder bei Progesteron erhöht.
Es gibt viele solcher Wechselwirkungen von Hormonen untereinander. Kommt es bei einer Hypothyreose zu vermehrter Ausschüttung von TRH, wird dadurch auch das Prolaktin erhöht, was einen hemmenden Einfluss auf die gonadotropen Hormone hat. Zwischen Schilddrüsenhormonen und Dopamin, Serotonin und Noradrenalin im Gehirn sind anatomische und physiologische Interaktionen aufgedeckt worden.
Auch gleichzeitiges Auftreten von Aggression, Veränderungen von Neurotransmittern und Hypothyreose sind beschrieben worden. Der genaue Mechanismus ist allerdings nicht bekannt. Schilddrüsenhormone wirken auf den gesamten Körper. Sie beeinflussen sowohl katabole als auch anabole Stoffwechselvorgänge. Grundsätzlich sind bei kleineren Tieren durch den höheren Grundumsatz höhere Schilddrüsenwerte zu erwarten als bei größeren.
Sind die Schilddrüsenwerte erniedrigt, kommt es klassischer Weise durch den verminderten Grundumsatz zu Gewichtszunahme, Kälteempfindlichkeit und Konzentrationsschwäche.
So sind bei Hunden unter 10 kg die Schilddrüsenwerte etwas höher und bei Hunden über 30kg etwas niedriger.
Es kommt zu Lethargie und Stumpfsinn. Im Training bleiben Lernerfolge oftmals aus.
Bei erhöhten Werten resultieren Gewichtsverlust, Wärmeempfindlichkeit, Unruhe und Nervosität.
Durch die komplexen Verflechtungen der Schilddrüsenhormone mit anderen Hormonen und Neurotransmittern sind die Auswirkungen von veränderten Schilddrüsenwerten allerdings weit gefächert und variieren bei einzelnen Individuen.
Bei kongenitaler Hypothyreose kommt es nicht nur zu körperlicher Unterentwicklung sondern auch zu geistiger Retardierung, da Schilddrüsenhormone zum Aufbau von Nervengewebe notwendig sind. Selbst bei geringem Mangel an Schilddrüsenhormonen sind bei Untersuchungen von Kindern spätere Lern und Konzentrationsschwierigkeiten festgestellt worden.
Auch das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts- Syndrom ist mit der Hypothyreose in Zusammenhang gebracht worden. Weitere Verhaltensänderungen, die bei Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen beobachtet werden, sind Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, aggressives Verhalten, zunehmende Ängste und Depressionen. Bei Hunden ist der Thyroxinspiegel in den ersten 12 Lebenswochen erhöht, was mit der Zeit der stärksten Gehirnentwicklung und der Sozialisationsphase zeitlich zusammenfällt.
Im Alter sinken die Konzentrationen etwas ab.
Die Hypothyreose ist beim Hund eine häufig vorkommende endokrinologische Erkrankung.
Betroffen sind vor allem reinrassige Hunde. Bei manchenRassen und/oder in bestimmten Linien tritt Hypothyreose gehäuft auf.
Die klinischen Symptome einer Hypothyreose sind ebenso vielfältig wie ihre Wirkungen im Körper. Es können dermatologische, kardiale, neurologische, muskuläre und ophthalmologische Veränderungen auftreten. Bei Hündinnen können Veränderungen im Zyklus entstehen. Die Symptome kommen einzeln oder kombiniert und in leichter bis schwerer Ausprägung vor. Das gleiche gilt für allgemeine Symptome, wie z. B. schnelle Ermüdung, Kälteintoleranz und niedrige Herzfrequenz. Die Hypothyreose wird gerne als Verwandlungskünstler bezeichnet. Es gibt kein einheitliches Krankheitsbild, sondern individuelle Zusammenstellungen und Ausprägungen. Bei der Labordiagnostik zeigt sich häufig eine leichte Anämie und ein nüchtern erhöhter Cholesterinwert.
Auch eine Erhöhung der Triglyceride kommt häufig vor. Abgesehen von der klassischen Lethargie und Konzentrationsschwäche sind mögliche Verhaltensänderungen
Aggression, epileptiforme Anfälle, Angst und Hyperaktivität. Die Verhaltensänderung kann das alleinige vorherrschende Symptom sein. Aggressives Verhalten tritt am häufigsten auf. Typisch für das Aggressionsproblem ist, dass die betroffenen Hunde das Verhalten in einer bestimmten Situation zeigen, aber zu einem späteren Zeitpunkt in der gleichen Situation nicht. Es fehlt also ein klar zuzuordnender externer Auslöser. Die Hunde wirken auf ihre Besitzer oftmals gereizt. Tritt das Problem bei einem älteren Hund auf, zeigt sich häufig in der Anamnese, dass der Hund zuvor keine Tendenz für das Verhaltensproblem gezeigt hat. Bei Hunden, die bereits im jugendlichen Alter betroffen sind, muss beurteilt werden, ob das Verhaltensproblem zu ihrer zu erwartenden Verhaltensentwicklung
passt.
Besonders schwierig ist eine Einschätzung, wenn ein betroffener Hund durch andere Ursachen, wie z. B. einen mangelhaften Verlauf der Sozialisationsphase, bereits Verhaltensauffälligkeiten aufweist. Es sind bereits mehrere Rassen aufgefallen, bei Hypothyreose Verhaltensprobleme zu entwickeln.
Dazu gehören der Afghane, Airedale Terrier, Akita Inu, Australian Sheperd, Boxer, Chow Chow, Cocker Spaniel, Dackel, Dänische Dogge, Deutscher Schäferhund, Dobermann, Epagneul Breton, Englische Bulldogge, Golden Retriever, Irish Setter, Irish Wolfhound, Labrador, Pommernspitz, Pudel, Sheltie, Rhodesian Ridgeback und Zwergschnauzer.
Das Vorkommen der Erkrankung ist nicht signifikant an ein bestimmtes Geschlecht gebunden.
Diagnose
Die Diagnose der Hypothyreose ist bei Berücksichtigung aller möglichen Einflussfaktoren durchaus aufwändig. Eine Bestimmung einzelner Schilddrüsenwerte vermittelt keine klare
Aussage. Denn die Schilddrüsenwerte unterliegen vielen Einflussfaktoren. Vor allem müssen als erstes andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, da die Schilddrüsenwerte sekundär beeinflusst sein können. Beim Morbus Cushing verändern sich die Schilddrüsenwerte sogar so, dass sie fälschlicher Weise auf eine Hypothyreose hinweisen.
Viele Medikamente haben einen Einfluss auf die Schilddrüsenwerte. So ist das gesamte Thyroxin unter anderem bei der Gabe von Glucocorticoiden, Sulfonamiden, Barbituraten und nichtsteroidalen Antiphlogistika vermindert.
Vor allem nach Hormongaben können die Schilddrüsenwerte selbst nach Wirkungsende über einen Zeitraum von ca. acht Wochen beeinflusst sein. Bei logischer Betrachtung des Regelkreises der Schilddrüsenhormone müssten bei einer Euthyreose alle Werte im Normbereich liegen, bei
subklinischer Hypothyreose müsste:
TSH erhöht und T4 im Normbereich und
bei klinisch manifester Hypothyreose:
TSH erhöht und T4 erniedrigt sein.
Leider gibt es hiervon diverse Abweichungen und Einflussfaktoren.
Auch spielt die verwendete Bestimmungsmethode eine große Rolle. Es sind viele Tests auf dem Markt, von denen viele nicht auf ihre Genauigkeit überprüft worden sind, so dass dieser Umstand die Auswertung erschwert. Allerdings wird dieser Zustand stetig verbessert. Auch gibt es bereits Labore, die in Ringversuchen mit der Michigan State University ihre Werte abgleichen. Dort sind umfangreiche Untersuchungen zur Sicherheit der Bestimmungsmethoden für Schilddrüsenhormone durchgeführt worden, so dass die dort angebotenen Tests eine hohe Sensitivität und Spezifität aufweisen.
Die Bestimmung vom gesamten Thyroxin (gT4) ist die einfachste preisgünstigste Möglichkeit, um eine Hypothyreose mit einer recht großen Wahrscheinlichkeit auszuschließen, aber nicht um sie zu beweisen.
Die Thyroxin-Werte unterliegen gewissen jahres- und tageszeitlichen Schwankungen. So ist das gT4 morgens am niedrigsten, zwischen 11.00 und 14.00 Uhr am höchsten und zwar etwa doppelt so hoch wie morgens. Bis 20.00 Uhr fallen die Werte etwas ab.
Auch das fT4 folgt einem ähnlichen Tagesverlauf.
„Sichthetzer“ (Greyhounds) und Akitas haben generell niedrigere Werte als andere Rassen.
Erniedrigte Werte können durch andere Erkrankungen und bestimmte Medikamente verursacht werden. Bei der Verwendung eines umfassend geprüften Tests ist das Thyroxin bei ca. 95% der Fälle erniedrigt. Hypothyreote Hunde mit Werten im unteren Bereich des Referenzbereichs kommen in ca. 5% der Fälle vor.
In solchen Fällen sollte das freie T4 (fT4) bestimmt werden.
Dieser Wert ist weniger von nicht schilddrüsenbedingten Erkrankungen und von Schwankungen in den Proteinbindungen des gT4 betroffen. Um falsch erhöhte Werte durch interferierende Autoantikörper auszuschließen, ist eine Bestimmung des fT4 durch das aufwändige Verfahren der Equilibrium Dialyse (ED) notwendig.
Das gesamte Trijodthyronin (gT3) ist die aktive Form des Hormons. Es ist häufig bei hypothyreoten Hunden im normalen Bereich, da der Körper bestrebt ist, diesen Wert zum Ablauf der Körperfunktionen aufrecht
zu erhalten. Bei der T3-Bestimmung kann es durch Antikörper sowohl zu falsch erhöhten Werten als auch zu nicht messbaren Werten kommen.
Da Autoantikörper gegen T3 häufiger vorkommen als gegen T4 ist dies ein weiterer Grund, warum sich die T3- Werte so schlecht zum Nachweis einer Hypothyreose eignen.
Das TSH sollte klassischer Weise bei einer Hypothyreose erhöht sein, in dem Bestreben die Schilddrüse zur Hormonproduktion anzuregen. Dies ist allerdings in bis zu 40% der Fälle nicht nachweisbar. Die Ursache hierfür kann darin liegen, dass hypothyreote Hunde im Gegensatz zu gesunden Hunden eine pulsatile Ausschüttung von TSH haben. Weiterhin können eventuell die Tests bei einigen Hunden nicht das TSH messen oder es können gleichzeitig andere Erkrankungen einen vermindernden Effekt auf die Ausschüttung vom TSH haben. Auf der anderen Seite weisen auch bei diesem Wert bis zu 20% schilddrüsengesunder Hunde einen leicht erhöhten TSH-Wert auf.
Hier kommen andere Erkrankungen mit Wirkung auf die TSH-Ausschüttung oder vorangegangene Medikation in Frage. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass betroffene Hunde eine Schilddrüsenerkrankung aufweisen, die jedoch noch durch eine gesteigerte TSH-Ausschüttung kompensiert werden kann.
Sind alle anderen Werte im Normbereich, sollte eine erneute Testung in solchen Fällen auf jeden Fall nach einiger Zeit durchgeführt werden.
Thyreoglobulin Autoantikörper (TgAA) treten bei gut der Hälfte (55%) aller hypothyreoten Hunde auf. Zusätzlich weist die Hälfte der TgAApositiven Hunde Autoantikörper gegen T3 (T3AA) und nur ein knappes Viertel Autoantikörper gegen T4 (T4AA) auf. Beide Autoantikörper können zusammen oder alleine vorkommen. Das alleinige Vorkommen von Autoantikörpern gegen Schilddrüsenhormone ohne TgAA kommt extrem selten vor. Eine höhere Dosis an Thyroxin wegen Autoantikörpern ist bei der Therapie nicht notwendig. Im Verlauf einer Thyroxinbehandlung gehen die Autoantikörper zurück, so dass die Bestimmung nur bei unbehandelten Hunden sinnvoll ist.
Der Nachweis von TgAA beinhaltet die Diagnose Lymphozytäre Thyreoiditis. Sie zeigt aber nicht an, in welchem Stadium der Erkrankung sich der Hund befindet. Er kann bereits eine Hypothyreose entwickelt haben, im
Begriff dazu sein oder aber er entwickelt in seinem Leben überhaupt keine Hypothyreose. Auch können die Autoantikörper wieder verschwinden, ohne dass der Hund an einer Hypothyreose erkrankt ist. Durch
enge Zuchtlinien und das Fehlen von Untersuchungen in Deutschland kann die Lymphozytäre Thyreoiditis schnell zum Rasseproblem werden.
Die Diagnose Hypothyreose kann sicher gestellt werden, wenn der betroffene Hund Symptome einer Hypothyreose aufweist, einen erhöhten TSH-Wert und erniedrigtes T4 hat. Als ebenso eindeutig gilt der TSH-Stimulationstest, wenn es zu keinem oder geringem Anstieg von gT4 kommt. Allerdings ist bovines TSH seit einiger Zeit nicht mehr im Handel.
Da humanes TSH sehr teuer ist, wird dieser Test kaum noch durchgeführt. Der TRH-Stimulationstest ist weit weniger aussagekräftig, da es selbst bei euthyreoten Hunden nach Stimulation nur zu einem kleinen und inkonstanten Anstieg vom gT4 kommt.
Eine gute Aussagefähigkeit für einen krankhaften Prozess der Schilddrüse böte eine Schilddrüsenbiopsie. Die Ultraschall- Untersuchung der Schilddrüse findet allmählich immer weitere Verbreitung und kann zusätzliche Informationen bieten.
Therapie
Die Therapie der Hypothyreose erfolgt durch die Gabe von Levothyroxin- Natrium in einer Dosis von 10–22 μg/kg Körpergewicht 2-mal täglich.
Da die Enddosis individuell verschieden ist, kann beginnend mit der niedrigsten Dosis wöchentlich um 5 μg/kg KGW 2-mal täglich die Dosis zügig gesteigert werden.
Durch die Wirkungen von Schilddrüsenhormonen auf das Herz-Kreislauf-System ist bei Patienten mit kardialen Problemen im Vorfeld eine besonders sorgfältige Diagnostik sowohl in Bezug auf die Schilddrüse als auch auf das Herz notwendig.
Ein kreislaufschonender Beginn der hyroxinsupplementation ist bei einer Dosis von 5 μg/kg KGW 2-mal täglich gegeben.
Eine Steigerung sollte aber nur alle zwei Wochen um 5 μg/kg KGW 2- mal täglich vorgenommen werden.
Bei Hunden mit Hypothyreose wird im klinischen Bereich häufig die Dosis auf einmal täglich reduziert, wenn die klinischen Symptome abgeklungen sind. Die einmal tägliche Gabe reicht oftmals aus, um ein Wiederkehren der Symptome zu verhindern. Im Verhaltensbereich sollte diese Praxis nicht umgesetzt werden, da dadurch stärkere Tagesschwankungen für den Hund entstehen als bei zweimaliger
Gabe.
Zur Überprüfung wird nach sechs bis acht Wochen der gT4-Wert bestimmt.
Bei einer Blutabnahme vier bis sechs Stunden nach Thyroxin-Gabe sollte der Wert im oberen Teil des Refe renzbereiches liegen oder sogar ein wenig darüber. Die meisten Hunde zeigen sich bei einem durchschnittlich mittleren bis oberen gT4-Wert am ausgeglichensten. Bei hypothyreoten Hunden mit einem Verhaltensproblem ist es besonders wichtig, einen individuellen „Wohlfühlwert“ zu ermitteln. So kann bei Verschlechterung des Verhaltens durch die gT4-Bestimmung ermittelt werden, ob die Thyroxin-Dosis nach oben oder nach unten korrigiert werden muss. Außer dem bestimmten Wert muss aufgezeichnet werden, was der Hund am Tag der Blutabnahme gewogen, welche Dosis er bekommen und ob der Hund die Dosis zur Fütterung bekommen hat. Außerdem muss der Zeitabstand zwischen Tablettengabe und Blutabnahme notiert werden. Ist ein Hund auf eine Thyroxindosis eingestellt, sind Kontrollen höchstens zweimal jährlich notwendig.
Bei Veränderungen im Gewicht muss die Dosis neu angepasst werden. Auch bei Schwankungen der Geschlechtshormone kann es zu einem veränderten Bedarf an Thyroxin kommen.
Wegen dieses Umstands ist auch eine Kastration eines betroffenen Hundes zu überlegen. Weiterhin muss der Besitzer darüber informiert werden, dass die Verwertbarkeit des Thyroxins durch eine gleichzeitige Fütterung beeinflusst wird. So wird nüchtern verabreichtes Thyroxin besser resorbiert.
Der Besitzer muss sich also einmal entscheiden, ob er die Tabletten nüchtern oder zur Fütterung geben möchte. Bei richtiger Einstellung der Thyroxin-Therapie ist mit einer schnellen Verbesserung der
Verhaltenssymptome zu rechnen. Auch ein vollständiges Verschwinden der Verhaltensprobleme ist möglich.
Allerdings kann es vor allem bei längerem Bestehen des Problems zu Lerneffekten gekommen sein, die verhaltenstherapeutischer Maßnahmen bedürfen.
Auffällig ist, dass bei hypothyreosebedingten Verhaltensproblemen bereits das Auslassen einer Tagesdosis zu massiven Rückfällen führen kann.
Tritt dieses Phänomen auf, unterstreicht es die Diagnose Hypothyreose.
Die Besitzer sollten auf dieses Problem unbedingt hingewiesen werden. Bei Hunden, die aufgrund einer Hypothyreose ein Aggressionsproblem haben und gleichzeitig über eine schlechte Beißhemmung verfügen, ist unter Umständen aus Sicherheitsgründen von einer Haltung abzuraten.
Verursacht ein Hund starke Verletzungen, ist damit zu rechnen, dass er bei erneuten Vorfällen wieder ähnliche Verletzungen setzen wird. Da es bereits bei einmaligem Auslassen der Thyroxin-Gabe zu einem Rückfall kommen kann und auch der Hormonspiegel durch viele Faktoren beeinflusst werden kann, kann ein erneuter Vorfall nicht ausgeschlossen oder vorhergesehen werden.
Abgesehen von der notwendigen Gabe von Schilddrüsenhormonen bei klinisch manifester Hypothreose wird ihr Einsatz auch in anderen Zusammenhängen immer wieder diskutiert.
So gibt es aus der Humanmedizin Untersuchungen, dass Menschen mit Depressionen und auch anderen psychischen Erkrankungen häufig subklinische Thyreoitididen aufweisen. Ebenfalls tritt ein Low-T3-Syndrom bei psychischen Erkrankungen vermehrt auf.
Durch die zusätzliche Gabe von T3 zu Psychopharmaka konnten vielfach Therapieverbesserungen erzielt werden. Beim Hund gibt es keinerlei placebokontrollierten Studien zu entsprechenden Vorgehensweisen. Auch scheiden sich beim Menschen die Meinungen der Endokrinologen über den Zeitpunkt eines Therapiebeginns mit Schilddrüsenhormonen.
Die einen geben nur dann Thyroxin, wenn alle Testergebnisse eindeutigsind und es dem Patienten körperlich richtig schlecht geht. Die anderen halten Thyroxingaben mit regelmäßigen Kontrollen für ungefährlich. So wird häufig auch eine von den Werten her subklinische Thyreoiditis mit Thyroxin behandelt, wenn Symptome einer Hypothyreose vorhanden sind und andere Erkrankungen ausgeschlossen wurden. Fühlt sich der Patient mit der Behandlung besser, wird unter regelmäßigen Kontrollen die Therapie beibehalten.
Eine ähnliche Vorgehensweise ist auch beim Hund denkbar.
Handelt es sich doch bei den Schilddrüsenerkrankungen des Hundes um chronisch progressive Prozesse und die Symptome stellen sich schleichend über Jahre ein.
Deutlich erniedrigte T4-Werte resultieren erst, wenn der Großteil des Schilddrüsengewebes zerstört ist. Allerdings stellt sich abermals die Frage nach diagnostischen Kriterien.
Eine subklinische Lymphozytäre Thyreoiditis liegt vor, wenn Thyroglobulin-Autoantikörper (mittels eines auf seine Sensitivität und Spezifität überprüften Tests) vorhanden sind, aber TSH, T4 und T3 unverändert sind.
Bei einer subklinischen Hypothyreose ist theoretisch das TSH erhöht und T4 und T3 im Normbereich. Der TSH-Wert ist aber beim Hund kein sicheres diagnostisches Kriterium.
Allerdings wird bei Hunden, die zwischen 11.00 und 14.00 Uhr keine T4-Werte im oberen Referenzbereich aufweisen, eine Schilddrüsenerkrankung wahrscheinlicher. Nicht zuletzt müssen für vorhandene
körperliche Symptome andere Ursachen sicher ausgeschlossen werden.
Im Verhaltensbereich ist das Ausschließen anderer Ursachen besonders schwierig. Die häufigste klinische Ursache für Verhaltensprobleme ist vermutlich Schmerz. Durch die diagnostischen Schwierigkeiten bzw. die in der Praxis häufig schwere Realisierung aller sinnvollen Untersuchungen zur sicheren Diagnose einer Hypothyreose wird oftmals auf eine Probesupplementation mit Thyroxin zurück gegriffen. Diese Vorgehensweise
beinhaltet immer die Möglichkeit einer falschen Behandlung und sollte sorgfältig abgewogen werden.
Nicht jeder verhaltensauffällige Hund wird ein Schilddrüsenproblem haben. Leider kann man selbst bei Verbesserung der Verhaltenssymptome bei Thyroxingaben nicht sicher auf ein Schilddrüsenproblem schließen. Durch die neuromodulatorischen Wirkungen von Schilddrüsenhormonen ist eine Verhaltensänderung in jedem Fall möglich. Sinn und Nutzen einer bewussten Ausnutzung der psychopharmakologischen Wirkungen von Schilddrüsenhormonen sind, wie oben bereits erwähnt, beim Hund nicht untersucht.
Bei unklarer Diagnose ist es ratsam, zunächst mit der Verhaltenstherapie zu beginnen und die Ernähung zu überprüfen und gegebenenfalls umzustellen. Die wiederholte Überprüfung der Schilddrüsenwerte kann genaueren Aufschluss bieten. Fallen sie weiter ab, wird eine Schilddrüsenerkrankung wahrscheinlicher. Auch kann in der Zwischenzeit der Einfluss der verhaltenstherapeutischen Maßnahmen auf das Verhalten des Hundes beurteilt werden.
Verfasserin: Karina Mahnke
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