Greyhounds & Kleintiere

Wie auch bereits im Artikel zu Greyhounds und Katzen beschrieben (bitte lesen Sie diesen Artikel auch, weil vieles dort Geschriebene ebenfalls auf Kleintiere übertragbar ist), stellt sich oft die Frage, ob denn Greyhounds mit anderen kleinen Tieren zusammenleben können.

 

Die Kurzfassung der Antwort vorneweg lautet: "Es kommt drauf an".

 

Ich gehe jetzt davon aus, dass das Kleintier zuerst da war, weil es anders herum in meinen Augen keinen Sinn macht. Da ich selber Kaninchen halte und damit Erfahrungen sammeln konnte, beschränke ich mich im folgenden Text darüber hinaus auf Kaninchen. Weiterhin gehe ich davon aus, dass die Haltung artgerecht ist.

 

Bitte lesen Sie hierzu das Merkblatt 157 https://www.tierschutz-tvt.de/alle-merkblaetter-und-stellungnahmen/?L=0 vom 23. September 2019 von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT). Sollte die Haltung Ihrer Kaninchen den dort definierten Mindestanforderung einer artgerechten Kaninchenhaltung nicht entsprechen, verbessern Sie bitte im ersten Schritt die Haltung entsprechend, bevor Sie über die Anschaffung eines Greyhounds/Hundes nachdenken.

 

Möchten/können Sie dies nicht, dann tun Sie bitte den Kaninchen den Gefallen und vermitteln sie diese über einen seriösen Tierschutzverein in eine artgerechte Haltung. In diesem Fall wäre der Weg zum eigenen Greyhound auch direkt frei.

 

Aber hoffentlich betrifft diese Variante Sie nicht und Ihre mindestens zwei Kaninchen haben genügend Auslauf und Versteckmöglichkeiten, ob nun in Innen-, oder Außenhaltung. Dann stellt sich die Frage, ob Ihre Kaninchen gelassen genug sind, dass sie einen Greyhound verkraften werden.

 

Leben sie in Innenhaltung und sind eher ängstlich gegenüber Fressfeinden (oder auch fremden Menschen) und Sie wissen aus Erfahrung, dass diese grundsätzliche Angst nicht in den Griff zu bekommen ist, wäre es den Kaninchen gegenüber unfair, sie durch das Hinzuholen eines weiteren Tieres permanenter Angst auszusetzen. Kaninchen können durch permanente Angst sehr schnell gesundheitliche Schäden davontragen (z.B. eine durch das Einstellen des Fressens im Angstzustand je nach Dauer als Folge eintretende Aufgasung), die immer einen Notfall darstellen bzw. auch an Herz-/Kreislaufversagen sterben und das möchte ja keiner.

 

Sieht bis hierhin alles positiv aus für die Erweiterung der Familie um einen (oder auf Dauer mehrere) Greyhound(s), gilt es zu lösen, wie Kaninchen und Hund in Zukunft "zusammenleben" sollen. Das wichtigste Prinzip ist: Kaninchen und Greyhound sollten nie ungeschützt zusammen sein, auch nicht in Ihrem Beisein.

 

Ein Kaninchen kann durch eine von Menschen gar nicht wahrnehmbare "Gefahr" im Bruchteil einer Sekunde die Flucht antreten. Genau in diesem Bruchteil der Sekunde wird beim Greyhound der Jagdinstinkt geweckt und um Ihr(e) Kaninchen ist es mit ziemlicher Sicherheit schneller geschehen, als Sie gucken können. Wie harmonisch es auch früher oder später sein mag, das Kaninchen ist und bleibt ein Beutetier mit angeborenen Reflexen und im Gegensatz dazu ist und bleibt der Greyhound ein selbständiger Sichtjäger mit angeborenen Reflexen.

 

Halten Sie die Kaninchen im Haus, bestenfalls in einem eigenen Kaninchenzimmer, stellen Sie also sicher, dass der Greyhound diesen Raum nie betreten wird und ebenso die Kaninchen diesen Raum nie verlassen werden. Bei freier Wohnungshaltung würde ich auf das Hinzuholen eines Greyhounds verzichten, solange die Kaninchen da sind.


Leben die Kaninchen in Außenhaltung in einem rundum stabil gesicherten Gehege, ist das die für alle Beteiligten beste Variante, weil am Tag nur sehr wenig Berührungspunkte bestehen. Aber auch hier gilt, Kaninchen und Hunde nie ungesichert aufeinandertreffen zu lassen. Gerade durch die Außenhaltung sind die Sinne der Kaninchen geschärft und entsprechend ausgeprägt ist der Fluchtreflex.

Greyhounds, wie auch Hunde anderer Rassen, lassen ihre wahre Persönlichkeit erst nach einer Eingewöhnungszeit erkennen, die bei manchen schneller herum ist, bei anderen dagegen lange dauern kann. Ein vor Vermittlung schnell durchgeführter Test auf Kleintiertauglichkeit hat keinen Wert, wenn der Greyhound zum Testzeitpunkt noch in sich gekehrt war, weil er erst einmal die neue Umgebung verarbeiten musste. Auch Greyhounds sind sehr sensibel und eine Rückgabe aufgrund Unverträglichkeit sollte von vornherein ausgeschlossen werden.

 

Ist also auf dem Papier der richtige Greyhound gefunden und bereits eingezogen, hat sich die Vorgehensweise bewährt, erst die Kaninchen an den Greyhound zu gewöhnen, bevor der Greyhound die Kaninchen das erste Mal sieht.

 

Dies erfolgt am besten tagsüber zu einer Zeit, zu der die Kaninchen sicher ruhen (Kaninchen schlafen in dem Sinne nicht, höchstens mal sehr kurz; ihre Sinne sind also immer bereit für eine Flucht). Bei den ersten Zusammentreffen wollen wir auf keinen Fall, dass sich die Kaninchen bewegen, um nicht sofort den Jagdinstinkt des Greyhounds zu wecken und ihn im schlimmsten Fall zum Schreien und zum Antritt zu bringen (in solch einem Fall wäre übrigens die Aussage der bisherigen Bezugsperson keinesfalls verlässlich gewesen, was einem zu diesem Zeitpunkt nun natürlich herzlich wenig hilft).

 

Zu diesen sicheren Ruhezeiten (gehen Sie vorher alleine ans Gehege und checken die Lage) kann also der Greyhound angeleint über ein paar Tage im Garten und am Gehege in Ruhe vorbeigeführt werden (anfangs nur kurz, dann in gesteigerten Zeitintervallen) und die Kaninchen werden definitiv merken, dass sich im Garten ein neues Tier befindet.

 

Bewahren die Kaninchen Ruhe und dösen weiter, weiß man, dass sie genau diesen neuen Hund verkraften werden. Der Greyhound hingegen wird die Kaninchen wittern, sie aber nicht sehen. Bleibt auch er ruhig, ist die erste Hürde geschafft und im nächsten Schritt werden die Übungen regelmäßig zu Zeiten wiederholt, zu denen der Greyhound auch die Kaninchen sieht (liegend und in Bewegung).

Ganz glatt gelaufen ist es bei mir übrigens nicht. Mein erster, als katzen- und hühnerfreundlich beschriebener Rüde war direkt die größte Aufgabe.

 

Anfangs hatte er keine Reaktion gezeigt. Als dann nach einer guten Trainingswoche mein eines Kaninchen freundlich ans Gitter gekommen ist und die beiden sich Nase an Nase begrüßt haben, hat er sich erst wahnsinnig gefreut über einen vermuteten Spielkumpan. Das ist aber in Sekundenschnelle gekippt und er hat Anlauf genommen und ist gegen die Gehegewand gelaufen, wollte das Gehege einreißen. Sein ehemaliger Trainer, den ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte, sagte mir einmal, dass er früher alles niedergerissen hätte, nur um an seine Beute zu kommen (das wäre dann auch die verlässlichere Aussage gewesen, aber er wurde ja nicht befragt).

 

Schlussendlich hat mein Rüde es aber mit Bravour bestanden: Er hat die Situation recht schnell akzeptiert, ihm sind die Kaninchen egal.

Er schaut höchstens einmal kurz hin und nimmt sie als Trigger, um mit Volldampf im Garten seine Runden zu drehen. Beim im Training erfolglosen Angriffsversuch war es im Nachhinein auch immens wichtig, dass es sich beim Gehege um eine stabile Alukonstruktion handelt und zum anderen die Tür fest verschlossen war.

Hier gibt es direkt ein weiteres Merke: Die Tür zum Gehege muss immer geschlossen sein, wenn die Greyhounds im Garten sind.

Darüber hinaus sind alle meine Greyhounds im Haus gelassen und das auch, wenn sie gerade aus dem Garten kommen. Von Anfang an. Sie sind also nie in innerlicher Aufruhr gewesen, weil sie um die Beute wissen und mit aller Kraft hin wollen und somit ist es für diese Charaktere auch in Ordnung, potentielle Beute in der Nähe leben zu haben.

Wir hatten allerdings auch schon Greyhounds zu Besuch, die sofort die Kaninchen entdeckt und geschrien haben und selbst zurück im Haus noch etliche Minuten nicht zur Ruhe gekommen sind und durch die Terrassentür in den Garten gestarrt haben. Bei solchen Kandidaten würde ich tendenziell sagen, dass man es beiden Seiten nicht antun, sondern nach einem geeigneteren Greyhound suchen sollte.

Wie Sie sehen, ist es unter bestimmten Umständen durchaus möglich, sowohl Kaninchen, als auch Greyhounds zu halten und harmonisch nebeneinander zu leben. Die Grundvoraussetzungen müssen aber stimmen und dann ist es nur eine Frage der Übung.

Über Tipps und Anregungen sind wir jederzeit dankbar!

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